In der heutigen Arbeitswelt wird Führung zunehmend von den Anforderungen geprägt, nicht nur Ergebnisse zu erzielen, sondern auch die Menschen hinter den Ergebnissen zu fördern und zu unterstützen. Hier setzt das Modell der Wertschätzenden Führung an – ein innovativer Ansatz, der auf der Annahme basiert, dass jeder Mitarbeiter stets sein Bestes gibt, dass es jedoch tiefere, häufig unbekannte Gründe für unerwünschte Ergebnisse gibt. Statt sofort zu kritisieren, geht es darum, diese Gründe zu identifizieren, ein vertrauensvolles Gespräch zu führen und die nötige Unterstützung zu bieten. Dieser Artikel zeigt auf, warum dieses Modell für Führungskräfte von großer Relevanz ist und wie sie es konkret in ihrem Führungsalltag anwenden können.
Die fünf Prinzipien der Wertschätzenden Führung: Vom Modell zur Praxis
Das Modell der Wertschätzenden Führung besteht aus fünf zentralen Prinzipien, die auf den Grundannahmen menschlicher Motivation und Zusammenarbeit beruhen. Doch wie lässt sich diese Theorie konkret in die tägliche Führungsarbeit integrieren? Nachfolgend erläutern wir, wie Führungskräfte jedes Prinzip direkt umsetzen können.
1. Jeder gibt immer sein Bestes
Das erste Prinzip geht von der Annahme aus, dass alle Mitarbeiter grundsätzlich bestrebt sind, gute Arbeit zu leisten. Doch was tun, wenn das Ergebnis hinter den Erwartungen zurückbleibt? Statt direkt die Leistung zu kritisieren, sollte die Führungskraft zunächst nach den Ursachen suchen.
Praxisbeispiel:
Ein Mitarbeiter hat eine Präsentation gehalten, die nicht den gewünschten Erfolg hatte. Anstatt sofort auf das Ergebnis zu schauen, fragt der Vorgesetzte: „Was war für dich die größte Herausforderung bei der Vorbereitung dieser Präsentation?“ Dadurch wird der Mitarbeiter nicht in die Defensive gedrängt, sondern kann seine Sichtweise erläutern. Möglicherweise war die Zeit knapp, oder es fehlte an bestimmten Ressourcen. In einem solchen Fall kann die Führungskraft konkrete Unterstützung anbieten – etwa mehr Zeit für die Vorbereitung oder ein Coaching.
Tipp für Führungskräfte:
Vermeiden Sie es, sofort zu urteilen. Stellen Sie offene Fragen, um zu verstehen, warum das Ergebnis nicht den Erwartungen entspricht. Unterstützen Sie mit gezielten Maßnahmen.
2. Jeder macht alles irgendwann zum ersten Mal
Selbst erfahrene Mitarbeiter stehen hin und wieder vor neuen Herausforderungen. Für eine Führungskraft ist es wichtig, sich daran zu erinnern, dass jeder neue Task eine Lernkurve mit sich bringt. Auch Aufgaben, die scheinbar einfach erscheinen, können für den Mitarbeiter mit Unsicherheiten verbunden sein.
Praxisbeispiel:
Ein Mitarbeiter wird gebeten, ein neues Softwaretool zu verwenden, hat jedoch noch keine Erfahrung damit. Die Führungskraft stellt sicher, dass er Unterstützung bekommt, etwa durch ein Tutorial oder ein kurzes Training. Darüber hinaus wird im Feedbackgespräch anerkannt, dass es eine Herausforderung war, sich in das neue Tool einzuarbeiten.
Tipp für Führungskräfte:
Bieten Sie aktiv Unterstützung bei neuen Aufgaben. Geben Sie Zeit, Raum und die nötigen Ressourcen, um neues Wissen aufzubauen.
3. Jeder Mensch hat unterschiedliche Bedürfnisse und Motivationen
Es gibt nicht den einen „richtigen“ Weg, einen Mitarbeiter zu motivieren. Menschen haben unterschiedliche Bedürfnisse, die von der Arbeitsumgebung über die Art der Anerkennung bis hin zu individuellen Zielen reichen. Die Führungskraft muss diese Unterschiede erkennen und ihre Führung entsprechend anpassen.
Praxisbeispiel:
Ein Mitarbeiter fühlt sich durch öffentliches Lob im Team motiviert, während ein anderer es vorzieht, Anerkennung in einem persönlichen Gespräch zu erhalten. Eine Führungskraft, die dies weiß, kann ihre Feedbackmethoden individuell anpassen, sodass jeder Mitarbeiter die Anerkennung erhält, die er oder sie benötigt, um motiviert zu bleiben.
Tipp für Führungskräfte:
Führen Sie regelmäßige Gespräche mit Ihren Mitarbeitern, um ihre individuellen Motivationen und Bedürfnisse zu verstehen. Passen Sie Ihre Führungsansätze entsprechend an.
4. Vertrauen ist die Grundlage erfolgreicher Zusammenarbeit
Vertrauen ist der Schlüssel zu jeder erfolgreichen Zusammenarbeit. Ohne Vertrauen fehlt die psychologische Sicherheit, die es den Mitarbeitern ermöglicht, sich zu öffnen, Fehler zuzugeben und Verantwortung zu übernehmen. Eine Führungskraft, die Vertrauen aufbaut, schafft ein Arbeitsumfeld, in dem Ideen gedeihen können.
Praxisbeispiel:
Ein Teammitglied macht einen Fehler, der zu einer Verzögerung geführt hat. Anstatt den Fehler zu bestrafen, erkennt die Führungskraft die ehrliche Kommunikation des Fehlers an und nutzt die Gelegenheit, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Dies stärkt das Vertrauen im Team und fördert eine Kultur des offenen Dialogs.
Tipp für Führungskräfte:
Schaffen Sie ein Umfeld, in dem Fehler als Lernchancen verstanden werden. Seien Sie transparent und konsequent in Ihren Entscheidungen und zeigen Sie durch Ihr Verhalten, dass Vertrauen der Grundstein für Ihre Zusammenarbeit ist.
5. Mangelnde Wertschätzung ist der größte Demotivator
Mangelnde Anerkennung ist eine der häufigsten Ursachen für Demotivation und sinkende Leistung. Wenn Mitarbeiter das Gefühl haben, ihre Arbeit wird nicht geschätzt, sinkt ihre Motivation, und die Arbeitsqualität leidet. Es ist entscheidend, regelmäßig und authentisch Wertschätzung zu zeigen.
Praxisbeispiel:
Ein Mitarbeiter hat monatelang an einem wichtigen Projekt gearbeitet und es erfolgreich abgeschlossen. Statt das Ergebnis nur als „gut gemacht“ zu kommentieren, sagt die Führungskraft: „Ich schätze besonders, wie du trotz der Herausforderungen immer fokussiert und lösungsorientiert gearbeitet hast. Dein Beitrag war entscheidend für den Erfolg des Projekts.“ Diese persönliche und gezielte Anerkennung verstärkt die Motivation des Mitarbeiters, weiterhin herausragende Arbeit zu leisten.
Tipp für Führungskräfte:
Zeigen Sie Wertschätzung nicht nur in Krisensituationen, sondern kontinuierlich. Loben Sie nicht nur das Ergebnis, sondern auch die Anstrengungen, den Einsatz und das Engagement Ihrer Mitarbeiter.
Wertschätzende Führung als Wettbewerbsvorteil
Die Implementierung der Prinzipien der Wertschätzenden Führung führt nicht nur zu zufriedeneren Mitarbeitern, sondern auch zu besseren Ergebnissen auf allen Ebenen der Organisation. Eine Atmosphäre des Vertrauens, der Anerkennung und des kontinuierlichen Lernens fördert nicht nur die Motivation, sondern auch die Innovationskraft und die langfristige Bindung von talentierten Fachkräften.
In einer Zeit, in der der Fachkräftemangel und die Bindung von Mitarbeitern zunehmend zu Herausforderungen werden, stellt das Modell der Wertschätzenden Führung einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil dar. Führungskräfte, die diese Prinzipien umsetzen, schaffen nicht nur ein produktiveres Arbeitsumfeld, sondern fördern auch das persönliche Wachstum ihrer Mitarbeiter.
Die Rolle der Forschung in der Wertschätzenden Führung
Wir als Institut für Führung und Organisationsentwicklung sind überzeugt, dass das Modell der Wertschätzenden Führung nicht nur eine Theorie, sondern eine Praxis ist, die kontinuierlich weiterentwickelt werden muss. Unsere Forschung zielt darauf ab, neue Erkenntnisse darüber zu gewinnen, wie dieses Modell in verschiedenen Kontexten angewendet werden kann und welche spezifischen Maßnahmen die größte Wirkung zeigen. Durch die enge Zusammenarbeit mit Unternehmen und Führungskräften setzen wir wissenschaftlich fundierte Lösungen um und tragen dazu bei, dass wertschätzende Führungskultur weltweit an Bedeutung gewinnt.